eve risk GmbH

Hygienekonzepte für die Veranstaltungs-branche

Fachbuch zum Umgang mit Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen bei Veranstaltungen

Hygienekonzepte für Veranstaltungen

Quasi über Nacht wurden mit der Pandemie ab dem Jahr 2020 per Gesetz und Verordnung der
Länder Hygienekonzepte für Veranstaltungen gefordert. Es lagen hierfür keine
Erfahrung oder Muster vor. Der Gesetzgeber ließ offen, welche Inhalte erforderlich
sind. So haben Veranstalter*innen und Betreiber*innen auf Basis von Handreichungen und
Empfehlungen selbst Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen für ihre
Veranstaltungen entwickelt und bei Behörden und Ämtern eingereicht. Im Rahmen
eines zweijährigen Forschungsprojekts mit dem Titel 
Hygieia haben Prof. Thomas Sakschewski und Prof. Dr. Claudia Winkelmann Konzepte analysiert, um auf Basis eines einheitlichen Modells Empfehlungen für die Praxis zu geben.

Inhalte eines Hygienekonzepts

Ein Hygienekonzept ist die strukturierte Darstellung von technisch-baulichen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen (TOP) zur Minderung des Infektionsrisikos auf ein tolerierbares Maß. Dies sowohl beim Einlass, während der Veranstaltung als auch zum Ende der Veranstaltung (EVE). Dieses Schutzziel ist direkt aus Fürsorgepflichten der Betreiber*in gegenüber den im Rahmen der Veranstaltung Beschäftigten bzw. Beteiligten (Selbstständige, Freiwillige Kräfte, Ehrenamtliche, Künstler*innen, Musiker*innen etc.) und gegenüber den Besucher*innen ableitbar. Die strukturierte Darstellung bedeutet ein zusammenfassendes Dokument. Hier sind die Gefährdungen, das Risiko, die eingeleiteten Maßnahmen für die unterschiedlichen Schutzzielgruppen und deren Kontrolle über den gesamten Veranstaltungsablauf und für die gesamte Veranstaltungsfläche inklusive der nur für Beschäftigte bzw. Beteiligte begehbaren Flächen bzw. Räumen dargestellt.

Cover Hygienekonzepte für die Veranstaltungsbranche im Beuth Verlag von Thomas Sakschewski und Claudia Winkemann
Cover Hygienekonzepte für die Veranstaltungsbranche im Beuth Verlag von Thomas Sakschewski und Claudia Winkemann

Das Fachbuch liefert eine umfassende Analyse und Bewertung von Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen für unterschiedliche Veranstaltungen.

Das Hygieia-Modell ermöglicht die Klassifizierung von Veranstaltungsformaten, aus denen sich unterschiedliche Maßnahmen, Schutzziele und Settings ergeben. Abgleitet aus der Analyse umgesetzter Hygienekonzepte werden konkrete Empfehlungen für geeignete Infektionsschutz- und Hygiene-Maßnahmen gegeben – übersichtlich gegliedert nach dem Top-Prinzip. Auch die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche von Hygienebeauftragten für Veranstaltungen werden ausführlich dargestellt. Mit Referenz zu Hygienekonzepten aus Gesundheitswesen, Kultur, Sport, Gastronomie und Tourismus bietet das Buch praktische Hilfestellungen und Anregungen zur Planung, Umsetzung und Prüfung von Hygienekonzepten – auch jenseits einer epi- oder pandemischen Lage.

Das Buch enthält einen Download-Code, mit dem sich nach Veranstaltungstypen und Schutzzielen
gegliederte Tabellen (Deutsch und Englisch) und Checklisten herunterladen lassen – eine wertvolle Handreichung zum Erstellen und Bewerten von Hygienekonzepten.

 

Der Praxis-Band richtet sich an

 

  • Veranstalter
  • Betreiber
  • Behörden

 

Hygieia-Modell

Zur Sicherheitsplanung einer Veranstaltung zählen die Planung und Kontrolle der Sicherheit der eingesetzten Veranstaltungstechnik, die Abschätzung und Bewertung der Gefährdungen für die Besuchenden sowie die Planung und Umsetzung von Maßnahmen für die Sicherheit der Beschäftigten und Beteiligten während des Aufbaus, bei Proben, während der Veranstaltung und beim Abbau. Sicherheitsplanung und Sicherheitsmanagement von Veranstaltungen beziehen drei verschiedene Gruppen als Schutzziele ein: Beschäftigte, Beteiligte und Besuchende. Beschäftigte stehen in einem befristeten oder unbefristeten, in einem entgeltlichen oder unentgeltlichen Dienstverhältnis zum Veranstalter oder Betreiber. Die Beschäftigten fallen unmittelbar in den Schutzbereich des Arbeitsrechts und zusammen mit den Beteiligten in den Schutzbereich der Unfallkassen und die Aufgabenfelder der Betriebssicherheit. Beteiligte sind als (Solo)-Selbstständige oder Beschäftigte von beauftragten Unternehmen und Nachunternehmern bei der Planung, der Umsetzung, dem Aufbau oder beim Abbau einer Veranstaltung tätig. Die Besuchenden sind diejenigen, die an einer Veranstaltung teilnehmen bzw. ihr beiwohnen und die in keiner dienst- oder werkvertraglichen Beziehung zum Veranstalter oder Betreiber stehen.

Als Schutzmaßnahmen können Tätigkeiten oder ein Set von aufeinander aufbauenden Tätigkeiten verstanden werden, um ein zuvor definiertes Schutzziel zu erreichen. Maßnahmen sind somit zielgebunden und sollen Gefährdungen beseitigen oder verringern und damit das Risiko eines Schadensfalls für Beschäftigte, Beteiligte und Besuchende minimieren. Es sind damit also nicht nur Maßnahmen nach Wortlaut des § 2 Abs. 1 ArbSchG zur Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten, d. h. bio-psycho-soziale Befindlichkeiten berücksichtigenden Gestaltung der Arbeit, sondern auch Maßnahmen zum Schutz von Besuchenden gemeint.
Die Schutzmaßnahmen ergeben sich aus den Gefährdungsbeurteilungen bei einer Veranstaltung im Sinne des Arbeitsschutzes, aus der Risikoanalyse mit Blick auf die Besuchendensicherheit sowie aus den behördlichen Anordnungen. Als Risiko wird die durch Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit ausgedrückte quantifizierte Gefährdung betrachtet. Maßnahmen können daher präventiv sowohl die Eintrittswahrscheinlichkeit verringern als auch restriktiv das Schadensausmaß begrenzen. In vielen Fällen müssen zum Erreichen des definierten Schutzziels mehrere Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Dieses Bündel von Maßnahmen folgt dem TOP-Prinzip. Das TOP-Prinzip besagt, dass technische Maßnahmen Vorrang vor den organisatorischen und den personenbezogenen Maßnahmen haben, wenn die Gefährdung sich nicht eliminieren bzw. die Gefährdungsquelle substituieren lässt.

Das Setting einer Veranstaltung verbindet räumliche Aspekte mit der Veranstaltungsform. Als Veranstaltungsform wird die Art der Veranstaltung, die Flächennutzung und die Gestalt einer Veranstaltung verstanden. Die Veranstaltungsart ist eine praxisorientierte, eingeführte Form der Unterscheidung. Sie bezieht sich auf Genre und Stil und unterteilt z. B. in Tanz- oder Sportveranstaltung, in Rock- oder Klassik-Konzert. Die Gestalt einer Veranstaltung beschreibt die räumliche Anordnung von Szenen- und Publikumsfläche sowie die Bewegung der Besuchenden auf der Veranstaltungsfläche und in Beziehung zur Umgebung (Sakschewski & Paul, 2019). Damit werden bei der Gestalt die Nutzung und Flächenverteilung sowie die Orientierung der Besuchenden und der Grad ihrer Mobilität im Veranstaltungsablauf berücksichtigt. Die Gestalt einer Veranstaltung ist abhängig von der Infrastruktur, vom Veranstaltungsort und auch vom Veranstaltungsformat.

Unter Bezugnahme auf den Begriff der Gestalt bietet sich für die Einflussfaktoren Raum (Outdoor/Indoor) und der Besuchenden in der Veranstaltung der Begriff des Settings an. Bei dem Einflussfaktor „Setting“ fließen sowohl räumliche als auch verhaltensbezogene Merkmale ein. Räumlich wird in Veranstaltungen Outdoor und Indoor unterschieden. Verhaltensbezogen wird die erlaubte Bewegung der Besuchenden während der Veranstaltung berücksichtigt, da bei einer Veranstaltung mit Sitzplätzen die Einhaltung der Abstände zwischen den Besuchenden leichter zu kontrollieren ist als bei Veranstaltungen mit stehendem Publikum.

Tabellen und Checklisten für
unterschiedliche Veranstaltungen

Die Handlungsempfehlungen jeweils in Tabellenform und als Checklisten in Deutsch und Englisch  sind nach dem Setting, also Veranstaltungsort und Veranstaltungsart im Hinblick auf die Besuchendenführung, unterteilt:

  • Room-Indoor-Sitting (RISI): Veranstaltungen in geschlossenen Räumlichkeiten mit Bestuhlung und festgelegten Besuchendenplätzen
  • Room-Indoor-Standing (RIST): Veranstaltungen in geschlossenen Räumlichkeiten ohne Bestuhlung
  • Room-Indoor-Moving (RIM): Veranstaltungen mit sich bewegendem Publikum wie z. B. sogenannte Tanzlustbarkeiten nach § 33b GewO (Gewerbeordnung) in einem Gebäude
  • Room-Outdoor-Sitting (ROSI): bestuhlte Veranstaltungen im Freien
  • Room-Outdoor-Standing (ROST): Freiluftkonzerte und Festivals mit stehendem Publikum
  • Room-Outdoor-Moving (ROM): Veranstaltungen im Außenbereich mit sich im Veranstaltungsablauf bewegendem Publikum wie z. B. bei einem Straßenfest